Ihr werdet es nicht glauben, aber der Herr Schweinehund ist meiner freundlichen Bitte nachgekommen und hat sich zurückgezogen. Er meinte, er konzentriert sich nun auf den Bereich Haushalt, keine Ahnung, was er damit meint.
Mein Tatendrang war demnach nicht zu stoppen, und ich habe mich für eine Live-Online-Fitnesseinheit angemeldet. Ich dachte mir, das ist ein guter Einstieg und lässt mich noch besser in meine Fitnessroutine starten. Außerdem bin ich ein alter Hase in Sachen Ausdauer, Kraft und Beweglichkeit, das kann ich durchaus zeigen.
Gesagt, getan. Am nächsten Tag ging es auch schon los. Die Trainerin Alice stellte sich kurz vor, erklärte den Ablauf der Fitnesseinheit und war sehr erfreut, dass so viele Teilnehmerinnen mit eingeschalteter Kamera dabei waren. Los ging’s mit einer leichten Aufwärmrunde. Dehnungsübungen, Kniebeugen, flotte Sidesteps und Hampelmänner – alles ganz locker, wie Alice immer wieder betonte zu sagen. Locker? Von wegen! Hoffte ich bereits zu diesem Zeitpunkt auf eine Pause nach der Aufwärmrunde und stellte mir die Frage: ‚Fällt das auf, wenn ich die Kamera jetzt abdrehe?‘ Zum Glück waren alle Teilnehmerinnen auf stumm geschaltet, so konnte man mein verzweifeltes Ringen nach Luft nicht hören. Weitere Anweisungen kamen von Alice: „Wir steigern langsam das Tempo!“ Was? Ich war schon nach 20 Minuten auf meinem höchsten Tempo angelangt! Die geplante Top-Bikinifigur wurde schnell zum nicht mehr wichtigsten aller Jahresziele – Überleben hieß die Devise.
Nach 35 Minuten, kurz vor einer sich ankündigenden Herzattacke – mein Mann hatte bereits während der Aufwärmrunde gefragt, wer der diensthabende Arzt in der Umgebung sei – ein Licht am Ende des Tunnels: Meine Kamera gab ihren Geist auf. Zwar nur sehr kurz, aber diese wenigen Minuten retteten mein Leben und mein Ego. Als ich wieder einsteigen konnte, war die Gruppe bereits beim Cool-Down und ich wieder voll dabei. Nicht auszudenken, wenn das kein Onlinekurs gewesen wäre. Ich sah die Schlagzeile in der Tageszeitung bereits vor mir: „Fitnesseinheit endete unglücklich …“
Meine Conclusio:
Selbstüberschätzung wird unterbewertet. Herr Schweinehund wollte mich lediglich vor mir selbst beschützen.
